Kooperativ. Autoritär. Transformational. Ausgewählte Führungsstil-Arten
Dieser Artikel befasst sich mit verschiedenen Führungsstilen und ihren potenziellen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und die Mitarbeitermotivation.
Autoritärer Führungsstil / Autokratischer Führungsstil
„L'ètat, c'est moi!“? „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“? Der Klassiker unter den Führungsstilen, Top-down, Hierarchie-dominiert, mag altbacken und überholt klingen. Er bringt allerdings insbesondere für die Führungskraft gewisse Vorteile mit sich und eignet sich für Teams, die nicht kreativ, sondern eher auf Performanz ausgerichtet arbeiten, durchaus. Wenn es nur eine Person gibt, die sagt, wo es langgeht, ist die Befehlskette und die Verantwortung sehr eindeutig und klar. Das Team kann sich darauf konzentrieren, Ergebnisse zu liefern. Die Qualitätskontrolle bzw. die Verteidigung der Arbeitsergebnisse liegt dann wieder bei der Führungskraft.
Beim autoritären Führungsstil können Teams ihre Arbeit effizient(er) erledigen - die Rollen sind klar, Verantwortung hat nur eine Person, die Führungskraft; dies beschleunigt auch die Entscheidungen. Dem gegenüber werden solche Teams kaum bis gar nicht kreativ oder innovativ arbeiten, die Motivation bleibt auf eher niedrigem Niveau, da die Mitsprache und Teilhabe von Mitarbeitenden nicht gewünscht ist.
Die autoritäre Führung erfordert viel Sachkenntnis und Selbstverantwortung der Führungskraft, denn sie muss Entscheidungen sehr vorausschauend treffen. Mitarbeitende müssen die Person an der Spitze als weisungsbefugt anerkennen und die Bereitschaft aufbringen, die angeordneten Aufgaben auszuführen, ohne Bedenken oder Kritik zu äußern. Dieser Führungsstil eignet sich in Umfeldern, in denen Gruppen schnell reagieren müssen, etwa beim Militär oder in der medizinischen Versorgung.
Der Nachteil: Der größte Teil des Drucks lastet auf einer einzigen Person. Allerdings hat sich gezeigt, dass Einzelne niemals alles allein wissen können - und überall zugleich sein können sie auch nicht. Die Gefahr von Fehlentscheidungen ist relativ hoch. Zudem kann eine Vertretung schwierig sein. Ist die Führungskraft abwesend, kann ein autokratischer Führungsstil dafür sorgen, dass niemand sie adäquat vertreten kann - Aufgaben werden dann langsamer oder gar nicht erledigt.
Kooperativer Führungsstil / Demokratischer Führungsstil
Wer sagt „Wir haben eine flache Hierarchie“, meint damit häufig auch , dass hier der kooperative oder demokratische Führungsstil gelebt wird. Die Mitarbeiter motivieren - durch Teilhabe, Mitsprache und ein „Mehr“ an Verantwortung für die Arbeitsergebnisse: Der kooperative Führungsstil stellt den Team-Gedanken und die Leistung der Einzelnen, die zusammen die Team-Leistung ergeben, in den Fokus. Das funktioniert, wenn Belegschaft und Führungskraft ein ähnliches Niveau an Fachkenntnissen und persönlichem Entwicklungsstand aufweisen. Denn: Alle werden durch diese Art der Zusammenarbeit gefordert und entwickeln sich weiter. Dieser Führungsstil erfordert viel Vertrauen und ein hohes Maß an Selbstkontrolle bei allen Beteiligten.
Ein kooperativer Führungsstil passt besser zur aktuellen VUCA-Arbeitswelt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity), mit New Work und hybriden Arbeitsformen, bei der Flexibilität und Kooperation wichtig sind. Entscheidungsfindungen dauern länger, da mehrere Personen sich einbringen. Das Management muss bereit sein, Verantwortung und Führungsautorität bis zu einem gewissen Grad abzugeben.
Kooperative Führung erfordert, dass innerhalb der Belegschaft ausreichend intrinsische Motivation vorhanden ist: Die Teammitglieder müssen von sich aus Verantwortung für ihre Arbeit übernehmen wollen und sich selbst entsprechend gut organisieren können, um die erforderliche Leistung zu erbringen. Dafür stehen Mitsprache und Teilhabe hoch im Kurs: Eigene Ideen einbringen zu können und durch eigene Fachkenntnis mehr Kompetenzen zu erhalten, kann die Motivation, sich für das Team zu engagieren, stark steigern.
Produktinnovation oder Performance? Der Führungsstil sollte der eigenen Persönlichkeit entsprechen und dem Umfeld, den Aufgaben und Zielen entsprechend gewählt werden.
Transformationaler Führungsstil
Die transformationale Führung gilt als besonders geeignet für dynamische Umfelder, wenn Veränderungen erreicht werden sollen und Innovation, Kreativität und dezentralisierte Entscheidungen wichtig für den unternehmerischen Erfolg sind. Führungskräfte, die transformational führen, fungieren als Vorbild und leben dafür die Unternehmenswerte vor; sie inspirieren und motivieren ihre Mitarbeiter, indem sie eine klare Vision vermitteln. Sie fördern die individuelle Weiterentwicklung und stärken das Selbstvertrauen der Teammitglieder.
Der transformationale Führungsstil ist ein charismatischer Führungsstil - er lebt von der Fähigkeit der Leadership-Ebene, zu begeistern. Ein Nachteil: Er ist „betreuungsintensiv“. Die Führungskraft benötigt viele Ressourcen für den häufigen direkten Austausch mit dem Team und der Betreuung der einzelnen Mitglieder. Ihre Mitarbeiter müssen dazu befähigt sein (oder werden), eigenständig, engagiert, loyal und selbst-diszipliniert (mit-) zu arbeiten. Sie sollten offen für Veränderungen sein, die Bereitschaft zur Weiterentwicklung mitbringen und in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen. Die transformationale Führungskraft muss der Belegschaft vertrauen. Dieses Vertrauen wird mit Forderungen und Zielen verbunden - schließlich muss die Führung trotz allem die Unternehmensziele erfüllen. Der „Lohn“ sind intrinsisch motivierte Mitarbeiter, die durch erlebten Team-Zusammenhalt und einen emotionalen Bezug zum Projektziel lern- und leistungsbereit sind und so zum Projekterfolg beitragen. Sie können persönlich wachsen, ihr Selbstvertrauen stärken und ihre individuellen Fähigkeiten verbessern - zum Wohle des Arbeitgebers. Der Unternehmer Elon Musk wird häufig als Beispiel im Zusammenhang mit transformationaler Führung genannt.
Transaktionaler Führungsstil
Obwohl so ähnlich klingend, ist der transaktionale Führungsstil durch andere Merkmale gekennzeichnet - nämlich auf die Erfüllung klar definierter Aufgaben und Ziele. Bei der transaktionalen Führung, rational und ergebnisorientiert, wird mit Zielvereinbarungen gearbeitet. Wenn Ziele oder Erwartungen nicht erfüllt werden oder Fehler passieren, greift bei der transaktionalen Führung das Management korrigierend ein. Ein klarer Plan, Strukturen und Ordnung stehen im Fokus, die Führungskraft muss rational und ökonomisch denken können. Die Entscheidungsfindung geht durch die klare Zieldefinition rasch vonstatten, dies erlaubt es, auch große Projekte mit Menschen, die sich nicht gut kennen, in kurzer Zeit effizient zu bearbeiten. Die Mitarbeitermotivation erfolgt durch die Bereitstellung von Ressourcen für die geforderten Aufgaben und Belohnungen für Zielerreichung, etwa in Form von materiellen Anreizen. Der Vorteil: Das Team kann sich gut auf seine Ziele konzentrieren, was wiederum auf den Gruppenzusammenhalt und die Produktivität einzahlt. Der Erfolg ist einfach messbar, die Strukturen ermöglichen eine klare Kontrolle der Leistungen, schnelles Feedback und schnelle Kurskorrekturen. Der Nachteil der transaktionalen Führung: Die Beziehungen zwischen Personen und die emotionale Komponente spielen eine untergeordnete Rolle, es kommt nicht darauf an, Mitarbeiter in ihrer Kreativität oder in ihren persönlichen Zielen zu fördern.
Laissez-faire-Führungsstil
Bei der Laissez-faire-Führung (dt. etwa: „Machen lassen“) hält sich die Führungskraft nahezu komplett zurück - das Gegenteil von "autoritär". Ihre Mitarbeiter verteilen die Aufgaben untereinander eigenverantwortlich und treffen auch Entscheidungen ohne Rücksprache mit der Führungskraft. Lediglich bei gravierenden Problemen übernimmt sie (partiell) das Ruder. Derart eigenverantwortliche Team haben durch diese große Freiheit oft eine hohe Motivation und können innovativ und kreativ arbeiten, zudem werden individuelle Kompetenzen gefordert und gestärkt. Dies wirkt sich positiv auf die Produktivität, die Zufriedenheit und auch die Bindung an den Arbeitgeber aus. Der Nachteil der großen Freiheit: Da es keine klare Führungsposition innerhalb des Teams gibt, kann es intern zu Rivalitäten kommen, zudem fehlen beim Laissez-Faire-Stil die Leitplanken für das eigene Vorgehen nahezu völlig oder müssen immer wieder neu aus dem Team heraus selbst erarbeitet werden. Nicht alle Menschen können mit derart wenig Struktur gut umgehen.
Situativer Führungsstil
Der situative Führungsstil erfordert von der Führungskraft eine gute Wahrnehmung - dafür, was der jeweilige Mitarbeiter abhängig von der spezifischen Arbeitssituation braucht, um motiviert zu sein und eine gute Leistung zu erbringen. Danach richtet sich der Führungsstil, der aus klaren Anweisungen bestehen kann (autoritär), den Mitarbeiter in den Prozess, nicht aber in die Entscheidung einbezieht (kooperativ), sich an den Bedürfnissen des Mitarbeiters, nicht an den Aufgaben orientiert und den Mitarbeiter dazu befähigt, Entscheidungen noch häufiger eigenständig zu treffen (karitativ) oder quasi komplett ohne aktive Mitwirkung der Führungskraft (Laissez-faire). Welcher Stil passend ist, hängt vom so genannten Reifegrad ab, also von der individuellen Kompetenz und Motivation der jeweiligen Person. Ein Berufsanfänger zum Beispiel besitzt viel Motivation, aber noch nicht alle erforderlichen Kompetenzen, eine Senior Managerin hat genug Kompetenzen und braucht nur gelegentlich ein Sparring, um erfolgreich eigenständig entscheiden zu können.
Servant-Leadership-Führungsstil
In den vergangenen Jahren wurde das so genannte Servant Leadership, übersetzt etwa „dienende Führung“ immer populärer. Die Führungskraft „dient“ ihren Mitarbeitern, indem sie alle nötigen Ressourcen, Vorgaben, individuelle Unterstützung und Freiräume „bereitstellt“, die diese brauchen, um die eigenen Aufgaben bestmöglich erfüllen zu können - und so den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu sichern. Servant Leadership ist dem transformationalen Führungsstil nicht unähnlich, denn Servant Leader führen ebenfalls durch Inspiration und motivieren, indem sie Sinnhaftigkeit vermitteln - auch wenn hier an oberster Stelle die Belegschaft steht, nicht das Management. Die „dienende“ Führung schafft einen Rahmen, in dem Mitarbeiter so gefördert werden, dass sie eigeninitiativ und in Eigenverantwortung arbeiten, sich darüber auch individuell weiterentwickeln und so beste Leistungen erbringen können.
Fazit: Mitarbeitermotivation fördern durch das angemessene Führungsmodell
Im deutschsprachigen Raum waren jahrzehntelang hierarchische, auf Effizienz ausgerichtete autoritäre Führungsstile prägend. Mit der zunehmenden Dynamisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt, mit immer schnelleren Veränderungen und Unvorhersehbarkeiten, der Verbreitung von New Work und der Corona-Pandemie als Entwicklungsbeschleuniger haben sich deutlich mehr kooperative Führungsstile durchgesetzt. Gibt es den einen, einzig richtigen für eine Führungskraft? Die Antwort lautet: Das kommt darauf an. Alle Führungsstile, nicht nur die hier genannten, haben Vorteile wie Nachteile - für die Führungskraft wie für die Mitarbeitenden.
In allen Zusammenhängen, in denen Kreativität, intrinsische Motivation und ein hoher Grad an Eigenverantwortung bei den Mitarbeitenden gefragt ist, eignen sich der kooperative und der transformationale Führungsstil gut, um Mitarbeiter zu binden. Wird in festen Strukturen gearbeitet, und es steht die Produktivität im Fokus, kann der transaktionale Führungsstil angemessen sein, um die Mitarbeitenden angemessen zu motivieren.
Abhängig vom Unternehmen, den zu erreichenden Zielen und den anfallenden Aufgaben kann es sich anbieten, je nach Projekt und Erfordernis (und Gruppen-Zusammensetzung) verschiedene Führungsstile zu kombinieren. Eine Kombination aus transformationaler Führung und transaktionaler Führung etwa bietet sich an, wenn das Management im Unternehmen einerseits ein Kreativ-Team für die Produkt-Neuentwicklung, andererseits eine IT-Abteilung mit dem Ziel, die Infrastruktur zu sichern und zu verbessern, führen soll.
Es ist wichtig, in Einklang mit den eigenen Stärken und Schwächen den eigenen Führungsstil festzulegen. Wer zum Nachtisch gern als intellektuelle Anregung den BWA-Report anschaut und sich bei jedem TV-Bericht über Elon Musk fremdschämt, für den dürfte transformationale Führung nicht ganz das Richtige sein – ein situativer Führungsstil aber möglicherweise schon. Egal, wie die Wahl ausfällt: Führung erfordert Einiges an Selbst-Reflexion, Arbeit an den eigenen Fähigkeiten und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und sich mit Menschen auseinanderzusetzen. Der mögliche Return on Invest kann allerdings üppig ausfallen: Insbesondere der kooperative Führungsstile und der transformationale Führungsstil können die Belegschaft motivieren und die Mitarbeiterzufriedenheit signifikant steigern.
Definition von VUCA:
https://www.business-wissen.de/artikel/vuca-merkmale-folgen-der-vuca-welt/
Warum auch die, die es nicht sein wollen, gute Chefs sein können (Wirtschaftswoche online): https://www.wiwo.de/erfolg/management/streitwert-macht-die-zum-chef-die-kein-chef-sein-wollen/29364354.html
Drama, Baby: Der charismatische Führungsstil (Handelsblatt online):
https://www.handelsblatt.com/karriere/charismatischer-fuehrungsstil-so-wirken-sie-als-fuehrungskraft-souveraen-/29167086.html
Der Unterschied zwischen Augenhöhe und Wertschätzung (Beitrag von Dr. Nico Rose in Wirtschaftswoche online): https://www.wiwo.de/erfolg/management/management-du-bist-zwar-der-chef-lass-es-aber-bitte-nicht-so-raushaengen-/29249300.html
Der
Unterschied zwischen managen und führen (Haufe online):
https://www.haufe.de/personal/...